Montag, 25. November 2013

Club-Test Episode 4: Triple A, Köln


„ ... am beschde raven ... “
Zugetragen: Oktober 2013 – Geschrieben: November 2013 von Miller


Da ich vergangenes Wochenende auf einer privaten Geburtstags-Party meiner Cousine war, die anbei bemerkt geschichtsträchtig war, und keinen externen Club besucht habe, muss ich dieses Mal auf einen älteren Test zurückgreifen.
Ich weiß, ich hätte auch lieber etwas Frisches präsentiert, aber et kütt wie et kütt also bleibt cremig. Folgendes Ereignis trug sich vor ca. 2 Monaten zu.
Long-Dong und ich haben uns nach einer kleinen, erquickenden Disko-Pump-Session bei mir eingefunden, um auf Jerrys Startsignal zu warten. Jerry, der selbst aus Krefeld angereist kommt, trifft sich nämlich in Cologne mit zwei Kollegen und wir gedenken dazu zu stoßen, um dem Ganzen eine Prise A-Team zu verleihen. Wir spielen Fifa und trinken Whisky-C, bis ich endlich ein Lebenszeichen von Jerry bekomme. „Wir sin‘ glei‘ daaaa!“, seibert er mir erheitert am Telefon entgegen. Nice, Jerry ist jut drop. Jetzt müssen wir auch losdüsen.
Einige Zeit später schlagen wir am vereinbarten Treffpunkt Rudolfplatz auf aber kein Jerry in Sicht. Wir gehen also erst einmal Geld an einer nahegelegenen Sparkasse holen. Da ich kein Sparkassen-Kunde mehr bin, muss ich die volle Zusatzpauschale zahlen von ungefähr vier Euro ... buppzig. Den genauen Betrag kenne ich nicht mehr, aber ich bin angepisst. Das ist eine türkische Pizza, die ich der Sparkasse gerade in den Rachen geschmissen hab‘. Verflucht seist du Sparkasse, du Bank-Faschist!
Mit vollem Geldbeutel erblicken wir plötzlich aus der Ferne Jerry und seine zwei Kollegen, Bruce Willis und Rugby, die in das Triple A einmarschieren. Wir winken zwar wie Forrest Gump aber bedauerlicher Weise bemerken sie uns nicht. Auf einmal werden wir von fünf Dudes angequatscht, die wie sich herausstellt aus Stuttgart kommen: “Sorry Jungs, Wischt ihr, wo mans hier am beschde raven konn? “.
Der Ur-Kölner Long-Dong bemüht sich, den Stuttgartern einige Clubs zu nennen, versichert aber, dass Raven eigentlich gar nicht so sein Ding ist. Ich wiederum bin viel zu überfordert mit der Gesamtsituation und frage mich nur die ganze Zeit: „A: Warum in Gottes Namen fährt man zu fünft den weiten Weg von Stuttgart nach Köln, nur um zu raven; und B: Warum recherchiert man nicht vorher?“. Die Raver-Logik erschließt sich mir irgendwie nicht und das Einzige, was ich laut aussprechen kann ist: „Jo Jungs, müsster gucken…“. Wir verabschieden uns und wünschen ihnen noch viel Glück für den Abend. Die Stuttgarter wandern davon in die dunkle Kölner Nacht mit ihren viel zu weiten Raver-Hosen.
Einlass Triple A. Wie sich herausstellt, ist heute eine Art Neon-Party. Das bedeutet, der gesamte Club ist geflutet in Schwarzlicht und überall liegen Wasserfarben und leuchtende Utensilien. Ein Augenschmaus! Wir treffen Jerry, Bruce Willis und Rugby an der Theke, selbstverständlich. Die drei machen schon einen heiteren Eindruck, sodass Long-Dong und ich beschließen, aufzuholen. Wir decken uns abwechselnd mit Jägermeister und Kölsch ein, bis wir auf Betriebstemperatur sind und endlich funktionieren.


Miller, Long-Dong, Jerry, Bruce Willis und Rugby

Im Triple A läuft ein lausbübischer Mix aus Hip Hop und House, der uns durchaus zusagt. Wir sprengen zum ersten Mal unseren Würstchen-Kreis und ich finde mich am Tisch mit den Wasserfarben wieder. Ich beobachte zunächst amüsiert, wie sich zwei Mädels damit komplett einkleistern. Es ist kein konkretes Motiv oder Muster zu erkennen, es wird prunklos einfach drauf los gestrichen. Schließlich wenden die beiden sich mir zu, da ich noch komplett unberührt daneben stehe. Zunächst habe ich ein wenig Angst vor den Terror-Schwestern aber sie lassen Gnade walten und kritzeln mir lediglich „LISA 18!!!“ auf den Unterarm. Hier sei erwähnt, dass das Publikum im Triple A extrem jung ist, was erst einmal nichts Schlechtes bedeuten muss. Es äußert sich aber im Wesentlichen dadurch, dass die Leute schon sehr früh sehr voll sind, was wahrscheinlich der nicht vorhandenen Trink-Erfahrung geschuldet ist. Während wir üblicher Weise erst gegen 1 Uhr Fahrt aufnehmen, liegt der durchschnittliche 18-Jährige dann schon entweder auf Toilette brach oder zu Hause in den Federn. So kommt es auch, dass es im Triple A so gut wie keine Twilight-Zone gibt, da der Großteil dann schon entmutigt und zerstört aufgegeben hat.
Die anderen Jungs kommen zum Malstand hinzu und zunächst pinsel‘ ich Jerry „SM“ in’s Gesicht. Die Revanche sollte noch folgen. Dann möchte Rugby gerne zwei Striche auf die Wangen haben, wie es oft bei Footballern zu sehen ist. DONE. Da Bruce Willis, der eine Glatze trägt, uns desinteressiert den Rücken zudreht, packt Jerry die Gelegenheit am Schopfe und kritzelt Bruce Willis kurzerhand einen dicken Smiley hinten auf die Fleischmütze. Er scheint nichts bemerkt zu haben und wir gackern vor uns hin.



Bruce Willis

Nun bin ich an der Reihe; ich wünsche mir einen prächtigen, leuchtenden Penis auf die Wange. Jerry gibt sich Mühe aber ich merke schon, dass er zu viele Pinselstriche dafür benötigt. Irgendwann gibt er es auf und schmiert mir wahllos durch die Fresse. Ich fühle mich danach als würde ich eine Gurken-Maske von Yves-Rocher tragen oder so. Ich verschwinde auf die Toilette, um den entstandenen Schaden, pardon, Jerrys Kunstwerk, genauer zu begutachten. Ich sehe aus, als hätte ich an einem Bukkake mit den Schlümpfen teilgenommen. Das ganze Gesicht ist farbig, als wäre ich ein Scharfschütze. Es haben nur noch kleine Zweige und Blätter in den Haaren gefehlt.
Ich wasche alles weg, bis auf den lieblosen Penis auf meiner linken Wange und begebe mich wieder zum tanzenden Volk. Mittlerweile ist die Stimmung bei den Jungs im roten Drehzahl-Bereich und wir werfen bei jedem Hip-Hop-Lied West Coast und andere Rapper-Gesten durch die Luft. Ich erspähe am Rand stehend eine Freundin von mir – Jane. Jane ist mit ihrer Freundin Tipsy da und eigentlich fester Bestandteil des Triple A’s. Ich tänzel rüber, um „hallo“ zu sagen und der zum damaligen Zeitpunkt noch Single-Jerry stößt ebenfalls hinzu. Sofort widmet er sich Tipsy. Ich beschäftige derweil Jane mit lockerem Smalltalk, damit Jerry unbelastet sein Game aufziehen kann.


Zuschauer, Tipsy, Miller und Jane
Im weiteren Verlauf pendeln wir zwischen Theke und Dancefloor hin und her. Die Mädels sind inzwischen Bestandteil der Gruppe, sodass wir im inzwischen leerer werdenden Triple A die absolute Pole Position übernommen haben. Hier und da noch vereinzelte Tänzer und Irrlichter, die am Rand stehen und sich das Ganze anschauen. An der Theke ergattre ich einen Bacardi-Strohhut. Dieser wandert von Kopf zu Kopf aber er ist definitiv zu cool, als dass ich ihn verschenken würde. Ich beschütze ihn wie Gollum seinen Ring.


Der Abend franselt sich – wie so oft im Triple A – einfach so aus. Ohne nennenswerte Twilight-Zone oder Eskapaden. Jane schlägt vor, dass wir noch wo anders hingehen. Eine gute Idee, wie ich finde. Long-Dong und Bruce Willis verabschieden sich allerdings, da es inzwischen schon 4 Uhr ist.
Jerry mit meinem Schatz
Auf dem Weg zur nächsten Location „Reineke Fuchs“ haben sich auf einmal zwei völlig fremde Dudes dazugesellt. Ich vermute zunächst in meiner Paranoia, dass die beiden hinter meinem Bacardi-Hut her sind aber kurze Zeit später klärt Jane mich auf, dass einer der beiden was von ihr will und sie schon den halben Abend lang umkreist. Ein Mond also. Ich komme mit Mond in’s Gespräch und es stellt sich raus, dass er den weltbesten Job hat. Er schreibt die deutschen Synchronisationen für englisch-sprachige Filme und Serien. Ich bin völlig begeistert und löchre ihn mit zig Fragen. Wie ich erfahre, war Mond unter anderem für die deutschen Übersetzungen von „The Conjuring“, „Das ist das Ende“ und einigen Breaking Bad Episoden verantwortlich – oder aber er erzählt nur Bullshit. Wie dem auch sei, unterwegs, entweder gelangweilt von meiner ständigen Fragerei oder weil er Jane aufgegeben hat, schmeißen sich Mond und sein Kollege plötzlich an eine Gruppe älterer Frauen. Die MILF-Hunter verlassen die Gruppe genauso schnell, wie sie ihr beigetreten sind.
Endlich erreichen wir den Eingang von Reineke Fuchs, nur um festzustellen, dass auch dieser Laden kurz vor’m Feierabend ist. Jane verhandelt mit dem Türsteher, bis dieser schließlich einlenkt und uns mit den Worten „Aber nicht mehr lange“ passieren lässt. Drinnen tanzt sich Jerry in eine Art Trance. Fast alleine auf dem Dancefloor trudelt er mit ausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen vor sich hin. Wir anderen grübeln, ob eine erstaunlich maskulin wirkende Frau auf der Tanzfläche wirklich ein Ladyboy ist oder nur „bemerkenswert große Hände hat“. Keine halbe Stunde später kommt der grimmige Türsteher und schmeißt uns quasi raus, da die Zeit wohl abgelaufen ist. WAS EIN PENNER. Verärgert über den unverschämten Umgang mit uns, greife ich mir auf dem Weg nach draußen eine Art Eiskübel. Der Türsteher ist ja zu sehr damit beschäftigt, die restlichen Leute aufzulesen und zu entfernen. Nun laufen wir also ohne Orientierung  draußen  herum. Ich habe einen Bacardi-Hut auf und einen Eiskübel unter’m Arm. Diesen strecke ich vorbeilaufenden Menschen mit weinerlicher Stimme entgegen: „Bitte eine kleine Spende. Kleine Speeende, Biiieeeetteeee!“. Ich bekomme nichts. Plötzlich kommt uns eine Gruppe Dudes entgegen und ich bitte wieder um eine kleine Spende. Einer der Dudes wird von zwei Kumpels getragen, sodass seine Beine nur noch wie Würstchen über den Boden schleifen. Plötzlich erwacht der Kerl aus seinem Koma und schaut mit wütendem Blick auf meinen „Spenden-Kübel“. Er reißt sich von seinen Kumpels los UND KICKT MIR DEN KÜBEL WIE JEAN-CLAUDE VAN DAMME aus der Hand. Ich bin zwar ein wenig geschockt, krieg‘ mich aber nicht mehr ein vor Lachen. Van Damme wird von seinen Kumpels wieder eingesammelt und sie gehen entschuldigend weiter ihren Weg. Rest in Peace Kübel.
Fick dich und deinen Eiskübel!
Im Backwerk, wo die anderen Hungrigen sich was zum Beißen holen, bemerken wir plötzlich, dass Jane fehlt. Ich gehe raus zum Wasserlassen und sehe nur wie Jane auf einmal sprintend die Straße runter geflitzt kommt. Ich schüttle schnell ab und fang sie ein. Sie erzählt mir die ganze Story: Scheinbar gab es im Reineke Fuchs noch eine handgreifliche Auseinandersetzung. Mit verwickelt war wohl ein Freund von ihr, sodass sie einfach schockiert geflohen ist. „Hauptsache weg“.
Nicht dass Van Damme da seine Füße mit im Spiel hatte, denke ich mir noch. Wir beschließen, den Abend zu beenden und übrig bleiben nur glückliche und müde Gesichter. Und ein Bacardi-Strohhut.