Mittwoch, 24. September 2014

5000er Spezial: Der Bürgermeister

Howdy, ihr Romantiker!

Letzte Woche kündigte ich bereits großspurig an, ein Jubiläums-Spezial herbei zu würgen dichten und ich soll verdammt sein, wenn ich mein Versprechen nicht einlöse - mal wieder!
Dieses Mal geht es um eine Lobpreisung des sogenannten Bürgermeisters. Nicht um den tatsächlichen Bürgermeister, das Oberhaupt deiner schönen Gemeinde oder deines Dorfes. Viel mehr um sein Äquivalent innerhalb der Partywelt.
Hinweis: Da die allgemeine Bevölkerung nur noch Videos schaut und viele Wörter auf einem Haufen irgendwie gruselig erscheinen, werde ich den folgenden Text in Kaptiel unterteilen. Kleine mundgerechte Häppchen also. Mund auf, hier kommt das erste Flugzeug...

Erscheinungsbild eines Bürgermeisters



Eines Tages bist du mit deinen Freunden mal wieder so richtig Gas geben. Den inneren Bill Clinton von der Leine lassen. Heute wird skrupellos Party gemacht. Dementsprechend bewegt und begebt ihr euch als Wolfs-Gang zum Partytempel eures Vertrauens. Dort werden dann keine Gefangenen gemacht. Saufen. Streits anzetteln. Absichtlich daneben pissen. Das volle Programm. Plötzlich erblickt ihr in den Tiefen des Nebels eine erhabene, leuchtende Gestalt. Es ist nicht Gandalf der Weiße. Es ist der Bürgermeister. Es scheint beinah so, als wäre er hoffnungslos overdressed. Das Hemd in die Hose gestopft, die Krawatte mit doppelten Windsor-Knoten versehen und die Schuhe glänzen im selben Maße wie die nach hinten gestylten Haare. Man könnte meinen er kommt gerade von einer Kommunion oder Hochzeit (seiner eigenen) aber falsch gemeint! Das ist die natürliche Tracht eines Bürgermeisters. Sein Adams-Kostüm. Wenn's mal ganz wild läuft für den Bürgermeister und er rebellisch wird, legt er seine Krawatte ab und knöpft maximal den obersten Knopf seines Hemdes auf.

Verhalten eines Bürgermeisters




Jedoch täte man dem Bürgermeister unrecht, wenn man ihn bloß auf sein Äußeres reduzieren würde. Erhabenen Schrittes wandelt er Jesus-gleich durch den Club - fast so als würde er schweben - und observiert das Treiben seiner Untertanen, denn der Bürgermeister meistert Bürger. Ihn umgibt dabei eine majestätische Aura, eine Art göttlicher Glanz. Natürlich hat der Bürgermeister auch Spaß beim Feiern aber viel mehr die Art von Spaß, die ein Vater verspürt, wenn er mit seinem Sprössling auf's Karussell geht: er lässt sich nichts anmerken.
Gibt es dreister Weise keinen VIP-Bereich, erschafft sich der Bürgermeister seinen eigenen.  Er kauft für die Leute, die zufällig seinen Weg kreuzen Eimer-weise Getränke und bindet so die Ahnungslosen an sich und seinen Tisch. Denn er ist ein Fuchs.
Der Bürgermeister kennt kein Kleingeld. Cent, Pfennig, Groschen kommen in seinem Vokabular - geschweige denn in seinem Portemonnaie - nicht vor. Er zahlt stets mit Eckig-Geld und anstelle einem "Stimmt so", wendet er sich kopfschüttelnd und mit einem herablassenden Lächeln ab, noch bevor ihm die Thekenkraft das Wechselgeld zurückgeben kann. Wenn er könnte würde er mit Goldbarren zahlen.

Rhetorik eines Bürgermeisters




Wenn der Bürgermeister nicht gerade flachsige lateinische Redewendungen aus der Hüfte schießt, bedient er sich einer äußerst kultivierten Sprache. Galant wie er ist, würde er  niemals jemanden beleidigen - er würde ihn verschmähen. Er würde niemals jemanden ansaugen -  er würde ihn zum Duell bitten. Und so weiter und so fort. Hier eine kleine Liste von Dingen, die ein Bürgermeister üblicherweise sagen würde:

  • Herkömmliche Gossensprache: "EY Jungs, lass 'ma Einen saufen gehn!!"
  • Bürgermeisterliche Adels-Version: "Wir würden gut daran tun, die Kehlen mit mannigfaltigen Destillaten zu benetzen"

  • Herkömmliche Gossensprache: "Ich muss ma kacken!!!"
  • Bürgermeisterliche Adels-Version: "Ich verkünde eine Pause, um rektale Disharmonien hinfort zu schaffen"

  • Herkömmliche Gossensprache: "Hau dem eine in die FRESSE, Jeremy!"
  • Bürgermeisterliche Adels-Version: "Versehe sein Antlitz mit wütenden Faust-Hieben, Jeremy"

  • Herkömmliche Gossensprache: "Die Alte da vorne da ... geil ... aggressiver Maulfick!"
  • Bürgermeisterliche Adels-Version: "Jener Magd dort drüben würde ein Gemächt vortrefflich zu Gesicht stehen"

  • Herkömmliche Gossensprache: "Ischglaub-ischmu-kotzn"
  • Bürgermeisterliche Adels-Version: "Man halte meine Krawatte. Wir (das königliche Wir) müssen aufbegehrenden Mageninhalt freigeben"

Schlusswort
Nun habt ihr womöglich ein durchwachsendes, wenn nicht sogar schlechtes Bild vom Bürgermeister aber was hat er euch getan? Er mag zwar verschnöselt daher kommen, in Wahrheit aber ist er mit seiner spendablen und vornehmen Art ein wahrer Segen für den Club und alle Teilnehmer. Also sonnt euch in seiner Gegenwart!


Bonus: SELBST-TEST
Ich legte also die edelste Kluft an, die mir zu Verfügung stand: ein schwarzes Hemd. Damit fuhr ich dann gemeinsam mit Sweet Angel zum Vortrinken zu einer anderen Freundin, Mona Lisa. Die hat wiederum mehrere ihrer Freundinnen eingeladen, sodass unsere Gesellschaft aus sieben Frauen und mir bestand. Bürgermeisterlich. Bei ihr auf der Toilette bastelte ich mir dann eine Bürgermeister-Schärpe aus Klo-Papier, die dann den Schriftzug "BÜRGER MASTER" trug. International halt. Mit dieser Schärpe fühlte ich mich auf einen Schlag mindestens um 5 Levels erhabener. Ich legte sie ihm Verlauf des Abends nicht mehr ab.



Unser Konvoi startete pünktlich um Mitternacht volltrunken Richtung Barbarossa Platz, Köln. Auf dem Weg dahin wurde ich mehrfach angesprochen, ob ich einen Junggesellen-Abschied feiern würde. Ich klärte sie über den Bürgermeister auf. Wieder einmal dem Bildungsauftrag hinterher gekommen. NICE. Während der Zugfahrt spielten wir das Spiel "Ente". Das geht folgendermaßen:
Der Reihe nach bildet man abwechselnd Wort für Wort den Satz "Eine", "Ente", "zwei", "Füße", "plitsch", "platsch". danach zwei Enten, vier Füße; drei Enten, sechs Füße usw. Bei uns waren einige schon dermaßen hinüber, dass wir nicht über drei Enten hinaus kamen. Einfachste Multiplikation war bereits undenkbar, der Abend fing an mir zu gefallen.
In der City angekommen begegnete ich dann gemischten Reaktionen bezüglich meiner königlichen Schärpe. Zwei Mädels kamen mir auf dem Gehweg entgegen. Eine davon musterte mich und meine Schärpe und machte einen Gesichtsausdruck, als hätte ich sie soeben gefragt, ob ich ihr auf den Bauch kacken dürfte: "PFFFF! Asozial!". Andere Leute wiederum schienen zu erkennen, welch pompöse Erscheinung ihnen da gerade über den Weg läuft. Ich wurde im Kiosk vorgelassen, mir wurde die Tür aufgehalten, so soll's sein. Wir landeten im Cent Club und die Kenner unter euch wissen, dass dieser Laden alles andere als bürgermeisterlich ist. Hier tagt der Plebs und der jugendliche Milchschorf. Als Folge dessen fiel ich noch mehr auf. Ich kam sofort dran mit meiner Getränkebestellung, obwohl links und rechts dutzend Angetrunkene wild mit Geld fuchtelten oder schnippten in der Hoffnung die Aufmerksamkeit des Barkeepers zu ergattern. Bedauerlicher Weise kam die angetrunkene Mona Lisa und riss mir die Schärpe vom Leib. Ich fühlte mich nackig. Meiner Macht beraubt. Ich ging auf die Toilette und bastelte mir eine neue. Nun brauchte ich einen Schriftzug und fragte alle Mädels nach Lippenstift. Schon einmal versucht Lippenstift für Unfug zu borgen? Da ist es einfacher nach trockenem Anal-Verkehr zu fragen. "Neee sorry, der war teuer", "hab leider keinen dabei" und so weiter. Da keiner kooperieren wollte, musste ich mir was anderes einfallen lassen. Ich ging raus und betrat mit der noch völlig unbemalten Schärpe ein Kiosk. Ich war betrunken, hatte Klopapier um die Schultern hängen und fragte mit völliger Überzeugung nach einem "Filzstift, oder so....". Zu meiner Überraschung schien der Kiosk-Besitzer die Brisanz der Lage zu erkennen und borgte mir ohne zu zögern einen Stift. BÜRGER MASTER is back! Neuen Mutes ging ich in den Club zurück und präsentierte mit breiter Brust meine neue Schärpe. Mona Lisa kam vorbei und riss sie mir wieder vom Leib. Ich gab auf. Für den Rest des Abends war ich nur noch ein gewöhnlicher Sterblicher.