Mittwoch, 13. August 2014

Survival-Guide: How To Abknicken

Der Abend ist gesättigt und nähert sich dem Ende. Deine Freunde suchen bereits überall nach dir. Findet Nemo ist angesagt. Schließlich, nach ausgeweiteter Suchaktion, etlichen Vermisstenanzeigen und einem Aufruf bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst", finden die Kollegen deine welken Überreste in irgendeiner dunklen Ecke rumliegen. Du hast die Körperspannung von Milchreis und die Eleganz von Hundekot.

Herzlichen Glückwunsch, Don Promillo. Du hast mindestens einem deiner Freunde gehörig den Abend vermiest, denn er ist von nun an für alles was du tust mitverantwortlich. Wie bei Avatar muss auch er in deinen blauen Mist-Körper eintauchen und für dich reden, gehen und pinkeln. Da du dich geistig schon in Narnia befindest, bekommst du nämlich alleine nichts auf die Kette. Du hast dich augenscheinlich zum Säugling zurück entwickelt. Sabbern, in die Hosen scheißen und spastisch zwischen Lachen und Weinen hin und her wechseln - DAS sind ab jetzt deine Kernkompetenzen.

Glücklicherweise bleibt dir die Auseinandersetzung mit deinem Missverhalten am nächsten Morgen erspart, weil Säuglinge kein Erinnerungsvermögen besitzen. Somit bist du dazu verdammt, deine Untaten stets zu wiederholen, denn der Mensch ist ein Gewohnheits-Tier. Es sei denn jemand kommt, um dir bei deinem Treiben Hilfestellung zu geben. Um Zucht und Ordnung in dein Trinkverhalten einzuführen.

Wenn du dich im letzten Absatz hier und da 'mal wieder finden konntest, benötigst du eine Anleitung zum korrekten Abstürzen. Das Problem liegt auf der Hand: Du weißt wie man startet, hast aber keinen blassen Dunst, wie man die Kiste wieder sicher landet. SMASH! Bruchlandung! Und die Kollegen dürfen dann bergen, was noch zu bergen ist.
Abstürzen mit Stil.
Kotze! Aber klug.
Geh', solange du noch gehen kannst ...
... sind einige Parolen, die mir da so spontan einfallen würden, jedoch benötigst du einen detaillierteren Aktionsplan, je nach Absturzgrad. Deshalb zähle ich im Folgenden verschiedene Stadien des Abknickens auf und erörtere, was man als Pilot (der Abknicker) bzw. als Co-Pilot (Kollege) dagegen unternehmen kann.

Phase 1: Abflug

Symptome beim Piloten: Du freust dich auf die bevorstehende Reise, denn heute willst du so richtig einen draufmachen mit den Jungs. Schließlich ist es auch schon einige Wochen her, seitdem du das letzte Mal feiern warst. Du bist ausgeschlafen und hast dein Lieblings-Shirt an. Die Akkus sind randvoll. Was soll heute schon schiefgehen, nicht wahr? Du beginnst als erster, dir harte Sachen einzuschenken, während der Rest noch an einer Cola oder Fassbrause nuckelt. NUR DIE HARTEN KOMMEN IN' GARTEN!
Was der Pilot tun kann: Da es zu vermessen wäre zu diesem frühen Zeitpunkt an deinem Trinkverhalten rum zu nörgeln, ist in dieser Phase die einzige Schraube an der man drehen kann: für eine gute Grundlage sorgen. Das bedeutet so viel in sich reinzumuffen (Pizza, Chips und Knofi-Brot sind deine besten Freunde) wie nur irgend möglich. 
Empfohlene Reaktion des Co-Piloten: Lehn dich zurück Supernanny! Noch ist nichts zu befürchten.

Phase 2: Leichte Turbulenzen

Symptome beim Piloten: Nach zwei bis drei Stunden des intensiven Vortrinkens, sind erste Verschleiß-Erscheinungen zu vernehmen. Du schmeckst den Alkohol nicht mehr raus und passt demnach deine Mischungen immer weiter nach oben an. "Viel hilft viel" lautet die Devise und während andere Leute, die deine Mischungen kosten, vor lauter Schmerz die Gesichter verziehen, kommst du erst so richtig in Fahrt. Zu den Mischungen streust du als kleines Bonbon noch hier und da 'mal paar Kurze ein. Alles Pussies, ne? Dass du zu diesem Zeitpunkt bereits Schwierigkeiten beim Reden hast und nur noch vor dich hin grinst, ist dabei halb so wild. Weniger quatschen, mehr pichern.
Was der Pilot tun kann: Trink 'mal zur Abwechslung ein Wasser oder 'ne Schorle, Desperado. Du hast noch den ganzen Abend Zeit - warum drückst du so auf die Tube? Und um Himmels Willen, LASS DIE KLOPFER WEG! Klopfer sind die Sedativa Satans. Unschuldig und lustig verpackt sind sie in großen Mengen wie ein flüssiger Nackentritt von Steven Seagal höchstpersönlich.  
Empfohlene Reaktion des Co-Piloten: Falls ihr nicht bereits aufgebrochen seid, so schnell wie möglich an die frische Luft mit der Glühnase. Eventuell einen kleinen Spaziergang machen, um die Gabe des aufrechten Gangs noch einmal auszukosten - das wird nicht immer so bleiben, versprochen. 

Phase 3: Vogel im Triebwerk

Symptome beim Piloten: Du hast den Wendepunkt erreicht und solltest dich nun anschnallen. Der weitere Flug wird ungemütlich. Du versprühst den lieblichen Duft einer Aral-Tankstelle und dein Gesicht ist aufgequollen wie das von Axel Schulz. Du beginnst damit, erste Silben zu verschlucken und unangebracht laut zu werden. Trotzdem beteuerst du: "SCHBIIN NIII VOLLL" und denkst gar nicht erst daran, 'mal kürzer zu treten. Jetzt weniger zu saufen käme einem Eingeständnis gleich, an die eigenen Grenzen gestoßen zu sein, also tust du das einzig Richtige: die Flucht nach vorne und einfach durch die Grenzen hindurch trinken. Sauf, Forrest, SAUF!
Was der Pilot tun kann: Bewegung! Die Regentonne immer in Wallung halten und die lädierten Sinne beschäftigen. Wenn du jetzt rastest, kommt vom Hirn das Signal, dass du bereit bist abzuknicken und das bist du noch lange nicht. NOCH nicht.
Empfohlene Reaktion des Co-Piloten: Ein Auge auf den Piloten werfen und jeglichen Schabernack unterbinden. Hat er vor einzuschlafen: In die Seite boxen. Hat er vor verwirrte Nachrichten zu texten: mit einem Roundhouse-Kick das Handy aus der Hand treten. Jetzt muss man mit vereinten Kräften versuchen, den Dampfer wieder auf Kurs zu bringen. Peppel ihn auf oder mach einige Komplimente - jedes Mittel ist recht. Andernfalls sehen wir uns in der vierten Phase wieder und das will niemand.

Phase 4: Sturzflug

Symptome beim Piloten: Oh Oh! Es ist also so weit. Der Point Of No Return ist erreicht, denn der bevorstehende Absturz klopft schon an der Tür ... und er ist ungeduldig. Gehen ist nur noch partiell und mit stützender Hilfe von Wänden und Fremden möglich, sodass du von Mensch zu Mensch torkelst, um lediglich durch Schwung und Momentum auf den Beinen zu bleiben. Der Magen ist praktisch T.K.O und geht in den Streik über, was er dir durch gelegentliche Galle-Schübe verdeutlichen will. Dein Gesicht ist blass wie das von Casper, dem freundlichen Geist, jedoch strahlt deine Mimik alles andere als Freundlichkeit aus. Du siehst aus wie ein FIAT Multipla - nach einem Frontalcrash mit einem Brückenpfeiler. Du wirst doch wohl nicht so dumm sein und weiter trinken, oder?
Was der Pilot tun kann: Wenn du abknicken willst, dann ist jetzt der goldrichtige Moment dafür gekommen. Du bist noch im Stande eigenständig nach Hause zu finden und kannst dich noch - wenn auch nur mit allergrößter Konzentration - auf den eigenen Beinen halten. Entweder machst du dich vom Acker, um zu Hause in aller Ruhe abzustürzen oder brichst noch vor Ort in der Hoffnung die unvermeidliche Tragödie zu vertagen. Aber Obacht! Ein Abknicken vor Ort wäre fatal. Wenn du also nicht zu der Kategorie "Ich-kotz-eben-und-danach-geht-es-mir-wieder-blendend" gehörst, würde ich in jedem Fall das Abknicken in den eigenen vier Wänden empfehlen. 
Empfohlene Reaktion des Co-Piloten: Fahr das Schnüffelstück nach Hause oder lass es ein Taxi dort abliefern. 

Phase 5: Crash

Symptome beim Piloten: OK. Du warst also tatsächlich so dumm, weiter zu trinken. Jetzt bekommst du die Quittung für deine Naivität. Mit einem Mal sieht alles für dich aus als wärest du auf der Mario-Kart-Regenbogen-Strecke, im Split-Screen. Nichts ergibt mehr Sinn, sodass du dich auf deinen Seh-Sinn nicht mehr verlassen kannst. Das spielt allerdings eh keine Rolle mehr, da du bereits sachte oder mit Schmackes in die Horizontale gegangen bist. Von dort aus kannst du deine nächsten Schritte planen ... Haha ..  wen versuch ich hier zu veralbern? Das einzige, was dir durch den Kopf geht ist Erbrochenes.
Was der Pilot tun kann: Es ist zwar überflüssig das zu erwähnen, da du dich eh nicht fortbewegen kannst aber: Bleib da, wo du bist. Da du so schnell deine gegenwärtige Position nicht verlassen wirst, kannst du dazu übergehen deine Bergung durch die Kollegen so einfach wie möglich zu gestalten. Zum Beispiel durch Rauch oder Signalfeuer. Ratsam ist es auch den Personalausweis griffbereit in der Hosentasche zu haben, falls man durch Dritte aufgelesen wird. Da du von nun an nur noch Passagier deines eigenen Körpers bist, solltest du zudem eine Seitenlage wie ein Embryo einnehmen. Das vermittelt einen gewissen Grad an Komfort und Geborgenheit ... und du erstickst nicht am eigenen Bruchwerk.  
Empfohlene Reaktion des Co-Piloten: Das Ruder in die Hand nehmen, Wertsachen des Piloten beisammen halten und ihm als Denkzettel entweder:
a.) einen Penis auf die Stirn oder
b.) ein Hitler-Bärtchen aufmalen

So steht es geschrieben und so soll es getan werden. Bis zum nächsten Mal ihr Uhren-Söhne und -Töchter.